Handelshof in Kostroma an der Wolga, Kostroma 1990, Foto: Ingrid Schierle CC BY-NC-ND 3.0 DE

Kostroma: Licht und Schatten

Ingrid Schierle

Tübinger Studierende sind Anfang Oktober 1990 auf Exkursion an der Wolga unterwegs. Kostroma mit seinen Handelsreihen aus dem 18. Jahrhundert begeistert die Gruppe besonders. Wer von ihnen damals das Foto gemacht hat, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen.

Die Stadt an der Wolga bietet ein abwechslungsreiches Programm abseits der üblichen Intourist-Pfade. Wir treffen uns mit örtlichen Aktivisten der neuen Ökologiebewegung der Wolgastädte, diskutieren mit Vertreterinnen und Vertretern des Heimatkundemuseums über Lokalgeschichte, werden in einer Textilfabrik mit den dort herrschenden schwierigen Arbeitsbedingungen konfrontiert.

Außerhalb der Metropolen Moskau und Leningrad war es in den 1990er Jahren oft einfacher, spannende Treffen und Diskussionen zu organisieren. Neue vor Ort entstandene Organisationen halfen bei der Erstellung der Programme. Überall Aufbruchstimmung und die Hoffnung, solche historischen Stadtzentren wie in Kostroma zu erhalten und mit Leben erfüllen zu können.

Die folgenden Jahre zeigten allerdings, dass dem Aufbruch und Ideenreichtum in den Kleinstädten häufig wirtschaftliche Grenzen gesetzt waren. In Kostroma ging seit den 1990er Jahren die Einwohnerzahl stetig zurück.

 

Ingrid Schierle studierte Geschichte, Slawistik und Politikwissenschaften in München, Paris und Tübingen. Seit 1989 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Osteuropäische Geschichte und Landeskunde der Universität Tübingen.

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